Viele Menschen mit Legasthenie haben Probleme damit, ähnlich aussehende Buchstaben voneinander zu unterscheiden (z. B. b und d, p und q). Mitunter erscheint es ihnen, als hüpften die Buchstaben unkontrolliert im Text herum. Manche Legastheniker beschreiben ihre Leseerfahrung so: Es erscheinen „Risse im Text, die sich verschieben“ (Heywinkl). Um legasthenen Menschen das Lesen möglichst zu erleichtern, sollte auf die richtige Schriftart gesetzt werden. Doch welche ist das?
Die Textwahrnehmung von Legasthenikern
Al s er jü nger war, samme lte Jakob Schro eder Sterne. Seine Büch er war en voll davon. Zu frieden klebt e er si e auf je de Seite , die er m it Mühe gele sen hatte. Jakob is t Legasth eniker. „Eragon“ w ar der ers te Rom an, den er ohn e Sticker-Motiva tion bewä ltigte. Im fantas tischen Alagaësia ve rbra chte er 1.000 S eit en lang, sei n e gesam ten Sommerfe rien zwis chen der fü nften und sech st en Kla ss e.
Mark Heywinkel unter https://ze.tt/so-nehmen-menschen-mit-legasthenie-texte-wahr/
In seinem Artikel auf ze.tt (Partner von zeit.online) versucht Chefredakteuer Mark Heywinkel nachzuempfinden, wie es Legasthenikern mit dem Lesen von Texten geht (siehe Textausschnitt oben). Ähnlich ist auch die Intention von Daniel Britton, der die Schrift „Dyslexia“ (engl. für „Legasthenie“) entwickelt hat. Sie basiert auf dem Font „Helvetica“ – nur dass 40 Prozent der Linien entfernt wurden.
Warum? Auf diese Weise verschwinden wichtige Erkennungsmerkmale des Buchstabens. Das Entziffern wird erschwert und dauert bis zu zehnmal länger als üblicherweise. Auf diese Weise sollen Nicht-Legastheniker nachempfinden, wie es ist, als legasthener Mensch Geschriebenes wahrzunehmen. Das Überfliegen eines Textes, der in „Dyslexia“ geschrieben ist, ist unmöglich.
Das gilt es zu beachten: Der Font „Dyslexia“ zeigt nicht, wie ein Legastheniker einen Text sieht, sondern will lediglich einen Eindruck dafür vermitteln, wie schwierig das Zusammensetzen von Buchstaben zu Wörtern und Sätzen für legasthene Menschen ist.
Auf serifenlose Schriften (Fonts) setzen
Ein Font beschreibt elektronische Schriften, die auf digitalen Geräten eingesetzt werden. Bekannte Fonts (Schriften), die auf jedem Gerät vorinstalliert sind, sind Arial oder Times New Roman. Dabei unterscheiden sie sich in einem wesentlichen Punkt: Times New Roman ist ein Font mit Serifen, während Arial eine serifenlose Schrift ist. Gemeint ist mit Serifen der kleine Querstrich am äußeren Ende des Buchstabenbalkens (EÖDL).
Menschen mit Legasthenie bevorzugen im Allgemeinen serifenlose Fonts, da diese weniger ablenken. Daneben sollten die Schriften folgende Kriterien aufweisen (EÖDL):
1. Die Schriftart sollte Buchstaben nicht einfach spiegeln, z. B. b und d oder p und q. Jeder Buchstaben sollte eine eigene Form aufweisen. |
2. Die Buchstaben sollten gut voneinander zu unterscheiden sein, indem die Striche lang genug sind. Das betrifft neben b, d, p, q auch h und k. |
3. Die Schriftart sollte bestenfalls lizenzfrei zur Verfügung gestellt werden. |
Schriftart für Legastheniker: Open Dyslexic
Alle oben genannten Voraussetzungen erfüllt die Schriftart „Open Dyslexic“: Jeder Buchstabe hat eine andere, eindeutige Form, wobei die Ober- und Unterlängen ausreichend lang sind. Der Font ist frei verfügbar – und es gibt einen größeren Abstand zwischen den Buchstaben.
Open Dyslexic ist eine Schriftart, die insbesondere für Menschen mit Legasthenie entwickelt wurde. Die Buchstaben sind am unteren Ende etwas dicker, wodurch es zu keinem Verdrehen oder Verwechseln der Buchstaben kommt (EÖDL). Der Font kann mit allen gängigen Betriebssystemen und Programmen verwendet werden und kann hier kostenlos heruntergeladen werden:
Weitere Schriftarten für Legastheniker
Der Erste Österreichische Dachverband für Legasthenie (EÖDL), bei dem ich Mitglied bin, hat eine Handreichung mit dem Titel „Schriftarten für legasthene Menschen“ herausgegeben.
Dort werden neben Open Dyslexic noch weitere Schriftarten vorgestellt, die für Legastheniker geeignet sind. Außerdem finden sich dort hilfreiche Tipps, wie Lehr- und Unterrichtsmaterial legasthenfreundlich gestaltet und elektronische Geräte umgestellt werden können. Hier geht es zum Download:
Fazit
Es sollte alles unternommen werden, um Menschen mit Legasthenie das Lesen zu erleichtern. Eine Stellschraube, an der gedreht werden kann, ist eine legasthenfreundliche Schrift (Font) zu wählen. Es hat sich gezeigt, das Legastheniker serifenlose Schriften bevorzugen, bei denen die Buchstaben gut voneinander zu unterscheiden sind – etwa weil ausreichende Ober- und Unterlängen verwendet werden. Ein Beispiel dafür ist die Schriftart „Open Dyslexic“.
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Vielen Dank, die Broschüre ist sehr hilfreich, vor allem jetzt, wo wir alle Arbeitsmaterialien am Computer erstellen.
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Freut mich, Martina!
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